50 Jahre Musikverein "Frisch auf" Schattendorf

Es ist kurz vor sieben Uhr, der Bus steht bereits vor dem Musikheim. Die Instrumente und anderes Gepäck werden eingeladen. Natürlich dürfen ein paar Kästen Bier und Verpflegung nicht fehlen. Eigentlich sollte der Bus um punkt 7:00 Uhr in Richtung Österreich abfahren. Doch das hat sich um ein paar Minuten verzögert, da eine nicht unwichtige Person, in der Kapelle meist mit Taktstock anzutreffen, seine Kopfbedeckung vergessen hatte und noch schnell aus dem Nachbarort Thansau holen musste. Und dann war da noch unser allerseits beliebter Schlagzeug-Kollege, den wir zehn Minuten vorher Gott sei Dank noch angerufen haben. Denn er klang so, als ob er sich zu der Zeit noch in seinem Bett befand.

Doch kurze Zeit später waren alle Reisenden anwesend, alles verstaut und der Bus des Fahrunternehmens Bogenhauser & Rieder, auch genannt „der Samerberger“, fuhr los in Richtung Salzburger Autobahn. Unser Busfahrer hieß Hans und war mit weißem Trachtenhemd und Lederhose bekleidet. Wie sich herausstellte, fuhr er diesen Bus zum ersten Mal und kannte sich daher noch nicht mit der Belüftung aus, was wir ziemlich schnell zu spüren bekamen.

So circa gegen 11:00 Uhr legten wir eine größere Pause mit Handwurst und Getränk aus dem Bierkasten ein. Danach ging die Reise Richtung Burgenland sofort weiter. Nach sieben Stunden Busfahrt inklusive kleineren Raucher- und Entleerungspausen erreichten wir das an der ungarischen Grenze liegende Schattendorf. Kurz davor wurde uns von unserem Vorstand durch das Mikrofon des Busses eine unangenehme Mitteilung gemacht: Durch ein Verschulden der österreichischen Organisatoren musste unsere Reisegruppe auf zwei verschiedene Hotels aufgeteilt werden.

So wurde beschlossen, dass die altehrwürdigen Mitglieder des Vereins dem Landgasthof Grafl direkt in Schattendorf zugeteilt wurden. Die Jugend der Musikkapelle sowie der Dirigent und der zweite Vorstand fuhren noch weiter in das 20 Minuten entfernte Mattersburg, um dort in den Florianihof einzuchecken. Dort wurden für die Mehrheit Dreibettzimmer gebucht. Einige von uns haben Glück bei der Zimmerzuteilung gehabt, da sie ein relativ großes Zimmer erwischt haben.

Es gab aber auch einige, die nicht so viel Glück hatten. Die Toilette versteckte sich in einem Wandschrank, der höchstens einen Quadratmeter maß. Und das Badezimmer war auch nicht vorhanden, sondern Dusche und Waschbecken offen im Gang des recht kleinen Zimmers. Aber das war uns eigentlich egal, da wir uns eh nicht sehr lange im Hotel aufhielten.

Bis zur offiziellen Begrüßung waren noch ein paar Stunden Zeit. Wir beschlossen also, in Mattersburg noch ein Lokal oder Café aufzusuchen. Sehr viel war dort aber nicht los. Um der Sucherei ein Ende zu setzen, entschieden wir uns für ein irisches Pub ein paar Straßen weiter vom Hotel entfernt. Die Kellnerin war sichtlich etwas überfordert von unserer großen Gruppe. Antialkoholische Getränke waren sehr rar, Mineralwasser gab es nur in der Flasche mit Strohhalm und paradoxerweise wurden in diesem irischem Lokal hauptsächlich italienische Gerichte wie kleine Pizzen angeboten. Nach einiger Wartezeit ließen wir es uns dann aber schmecken. Als wir mit dem kleinen Imbiss fertig waren, war immer noch genügend Zeit, sich zu duschen, waschen und sich die Tracht anzulegen.

Um 17:00 Uhr war Abfahrt zum Festzelt in Schattendorf. Dazwischen mussten wir natürlich noch unsere Mitreisenden des anderen Hotels aufsammeln. Unser erster Einsatz mit Instrumenten stand bevor. An einer Kreuzung mitten im Dorf war der Abmarsch in Formation festgelegt worden. Bis es aber zu dem ersehnten Abmarsch kam, verging wieder etliche Wartezeit. Wie sich herausstellen sollte, waren diese zwei Tage gespickt mit Wartezeiten. Mit uns warteten noch ungefähr ein halbes Dutzend andere Musikkapellen aus Österreich auf das Signal zum Abmarsch. Dann endlich waren wir an der Reihe. Es waren nicht einmal 200 Meter und nicht einmal ein Marsch wurde zu Ende gespielt, bis wir dem Musikverein „Frisch auf“ Schattendorf gegenüberstanden. Perfekt abgerissen kam unsere Kapelle zum Stillstand. Die Delegationen begrüßten sich und Geschenke und Getränke wurden ausgetauscht. Das dauerte natürlich wieder einige Zeit, bis das bei allen Musikkapellen vollzogen wurde.

Dennoch kam irgendwann der Zeitpunkt, an dem wir uns wieder aufstellten, um wieder in die Richtung, aus der wir herkamen, wieder abzuziehen. Dieses Mal durften wir aber noch weiter bis vor das Festzelt marschieren. Während die anderen österreichischen Kapellen jetzt an der Marschwertung teilnahmen, durften wir unser Abendessen im Zelt einnehmen. Die Auswahl an Gerichten war recht groß und die Portionen sehr üppig ausgelegt. So gab es zum Beispiel Grillfleisch, Schnitzel mit Pommes und Würstel.

Einzig das Geschirr waren wir aus Bayern nicht gewohnt. Masskrüge suchten wir vergebens. Es gab nur Plastikbecher mit höchstens 0,25 Liter Fassungsvermögen und Teller und Besteck waren aus dem selben Material gefertigt.

Nach dem Abendessen war es an der Zeit, unseren Teil für den Unterhaltungsabend abzuliefern. Vor der eigentlichen Bühne, also quasi auf der Tanzfläche, durften wir Stühle und unsere Notenständer aufbauen. Eine Stunde lang spielten wir unsere Märsche, Polkas und Walzer, die beim österreichischen Publikum sehr gut ankamen. Wir waren sozusagen als Vorband der original Burgenlandkapelle unter der Leitung von Robert Payer engagiert worden.

Wir beendeten unseren Auftritt, indem wir den von diesem Dirigenten komponierten Marsch „Wiener Elan“ erklingen ließen. Auf unser Bitten dirigierte er uns sogar höchstpersönlich. Immer wieder öffnete er sein Laiberl und wollte uns somit wahrscheinlich zeigen, dass er einen breiteren Klang haben wollte. Zu diesem Zeitpunkt waren wir aber doch sehr über seine Geste verwundert und belustigt und waren nicht imstande, seine Absichten zu sehen.

Jetzt übernahm Robert Payer aber seine eigene Blaskapelle und wir konnten uns wieder unseren Bechern Bier und Wein widmen. Der Nachschub an Getränken war sehr vorbildlich organisiert. Der Schattendorfer Bürgermeister persönlich fragte immer wieder nach, ob denn neue Flaschen Wein und Wasser angeliefert werden sollen. Die Burgenlandkapelle machte erstklassige Musik und wir feierten und tanzten dementsprechend mit.

Doch leider wurde es viel zu schnell zwölf Uhr nachts. Währenddessen unsere in Schattendorf untergebrachten Musikanten noch im Festzelt weiterfeiern konnten, da sie nur einen kleinen Gehweg zu ihren Hotel hatten, war für uns Jugendliche ausgemacht, dass uns der Bus zu diesem Zeitpunkt abholt und zu unserem Übernachtungsplatz in Mattersburg bringt. Eine Handvoll rebellierte jedoch dagegen und stieg nicht in den Bus mit ein. Die mussten sich dann halt selber um einen Schlafplatz umsehen. Jedoch wurde im Landgasthof Grafl sehr leicht Asyl von den Kameraden gewährt. Der Rest von uns Jugendlichen kam dann etwa 20 Minuten später in unserem Hotel an.

Da in Mattersburg immer noch nichts geboten war, beschlossen wir, eine Zimmerparty in einem der etwas größeren Gästezimmer zu veranstalten. Die Couch wurde umgehend vom Hausgang in das Zimmer für zusätzliche Sitzgelegenheiten hereingetragen. Für Getränke war auch gesorgt, entweder durch einen am Nachmittag durchgeführten Einkauf oder durch Mitbringen von Likör aus dem Heimatland. Das gemeinsame Beisammensein war meistens lustig und unterhaltend. Fazit der Zimmerparty: viel Alkohol intus, der Teppichboden mit Bier getränkt und zwei zerrissene Laiberl wegen einer kleinen Auseinandersetzung.

Am Sonntag dann war um 8:00 Uhr Zeit für das Frühstück. Denn um 9:00 Uhr war wieder Abfahrt zum Schattendorfer Zelt, um darin dem Gottesdienst beizuwohnen. Musikalisch begleitet wurde er von einer Blaskapelle aus der Steiermark. Der dort ansässige Pfarrer war recht zügig mit dem Gottesdienst fertig, er beendete ihn sogar mit einem von ihm vorgetragenen Witz.

Die österreichische Musikkapelle änderte ihr Programm von Kirchenmusik auf Marschmusik und Polkas. Jetzt war wieder ein Zeitpunkt eingetreten, an dem es wieder warten hieß. Zwischendrin gab es Mittagessen, Ehrungen wurden vollzogen, einige von uns waren im daneben anliegenden Warmbad schwimmen und wieder andere besuchten die österreichischen Soldaten am Wachhaus an der Grenze zu Ungarn.

Es dauerte bis 14:00 Uhr, bis wir uns dann zum Umzug zur Verabschiedung der Musikkapellen und Delegationen aufstellten. Der Ablauf war eigentlich wieder der Selbe wie derjenige am Samstag Nachmittag, nur an einer anderen Straße in Schattendorf und mit noch etwas längeren Wartezeiten. Als der Umzug dann am Zelt endete, machte wir uns sogleich auf, unsere Instrumente in den Bus zu verstauen. Denn es war schon fast 16:00 Uhr und wir hatten noch einige Fahrzeit vor uns. Wir waren froh, als wir alle im Bus Platz genommen haben und Schattendorf in Richtung bayerischer Berge verließen.

Die Rückfahrt verlief dann ohne Komplikationen und eher ruhig, weil wir alle dann doch recht geschafft waren, vermutlich wegen dem vielen Wein. Es war schon spät nachts, als der Bus vor dem Rohrdorfer Musikheim zum Stehen kam. Alle waren sichtlich erleichtert von der Ankunft. Jetzt waren wir nur noch gespannt, wie es uns in drei Wochen zur Fahrt nach Mailand ergehen wird. Hoffentlich sind die Wartezeiten kurz gehalten.




Ein Reisebericht von Thorsten Weingart


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